Leder Upcycling
18. April 2021 Aus Von Annika Werdermann

Leder Upcycling

So entstehen kleine Kartenhalter aus Restleder
Eine ganze Haut, eine halbe Haut. Leder wird oft in diesen Einheiten bemessen, verkauft und verarbeitet. Dabei handelt es sich meist um mehrere Quadratmeter Leder am Stück – eine ganze Rindlederhaut ist zwischen 3 und 5 Quadratmetern groß. Man könnte meinen, Leder gibt es nur in dieser Größenordnung. Aber was ist mit den kleinen Resten? Kleinere Stücke, Häute mit Materialfehlern, Verschnitte, angeschnittene Resthäute. Am häufigsten fällt Verschnitt und Resteleder an. Jede Produktionsstätte “produziert” automatisch zur eigentlichen Ware eine große Menge an Lederverschnitt. Was damit passiert? Sehr unspektakulär landet dieser Verschnitt in der Regel am Ende im Müll. Ihn weiterzuverarbeiten ist zeitaufwendig. Diese Mühe macht sich fast niemand.
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Auch ich habe vor einigen Wochen eine Menge Resteleder bekommen, bestehend aus lauter unterschiedlich großen und farbigen Verschnittstücken. Wenn man solche Reste sinnvoll weiterverarbeiten möchte, muss man das Endprodukt dementsprechend planen – möglichst simpel und aus wenigen kleinen Lederstücken bestehend; in diesem Fall auch mit bunten Flächen, die sich teilweise überlagern.

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Was entsteht hier nun?
Ein Kartenhalter aus Restleder in Hoch- und Querformat mit ein bis zwei Fächern für Geldkarten und Visitenkarten. Klein, handlich, bunt, nachhaltig. Im Hoch- und Querformat besteht der Kartenhalter entweder aus zwei oder drei Teilen, hat also am Ende ein bis zwei Fächer. Damit die Karten später einfach herausgenommen werden können, hat die Oberseite einen dreieckigen Eingriff.

 

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Was auf den ersten Blick wunderschön bunt aussieht, besteht in der Tat aus unzähligen Lederresten, die alle unterschiedlich groß, dick und farbig sind. Für einen Kartenhalter müssen drei rechteckige Schnittteile je zweimal ausgeschnitten werden. Immer zwei Lagen werden mit einer dünnen Verstärkung in der Mitte verklebt.

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Sind alle Lagen miteinander verklebt, werden die Kanten der Teile ebenmäßig geschnitten und anschließend mit Kantenfarbe versiegelt. Das sind zuerst nur zwei Kanten, eine am Rückteil und die Eingriffskante am Vorderteil. Mit mehreren Lagen Farbe werden diese Kanten nun versiegelt. Anschließend werden beide Teile am Rand verklebt und mit einer kurzen Naht zusammengefügt. Diese Naht geht an drei Kanten entlang. Bei solchen kleinen Accessoires ist es wichtig, dass die Naht absolut perfekt ist. Es bietet sich an, die Naht mit einem schönen Sattelstich von Hand zu nähen. Zuletzt werden die übrigen offenen Kanten gleichmäßig abgestanzt, geschliffen und mit Kantenfarbe versiegelt.

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Handnaht oder Nähmaschine?

Handnähen oder mit der Nähmaschine – beides hat seine Vorteile, aber es kommt auch darauf an, was man näht. Handnähen ist sehr aufwändig und erfordert handwerkliches Geschick. Die Löcher werden mit Prickeisen vorgestanzt. Erst dann werden die Lagen aufeinander geklebt und genäht. In der Regel wird hier sehr hochwertiges Leinengarn verwendet, das vorher von Hand gewachst wird. Nur ein einzelner Faden wird zum Handnähen verwendet, so wird das Stichbild gleichermaßen auf beiden Seiten ebenmäßig. Diese Technik ist bei kleinen Accessoires und Stellen, die mit einer Maschine nicht oder nur schwer zugänglich sind, von Vorteil. Insbesondere bei Gürteln erweist sich eine Sattlernaht als extrem sinnvoll, macht schlussendlich aber auch einen großen Preisunterschied aus. Gürtel müssen eine starke Beanspruchung dauerhaft gut aushalten. Das Leinengarn ist sehr stabil und reisst nur schwer. Wird eine Naht später im Gebrauch beschädigt, geht nicht die komplette Naht von allein auf, da der Nähfaden durchgängig ist. Zum Vergleich – bei einer Nähmaschinennaht verbinden sich die beiden Fäden nur zwischen dem Nähgut.
Geht der Ober- oder Unterfaden kaputt, kann sich die ganze Naht aufdröseln. Bei kompletten, größeren Taschen ist diese Technik nicht empfehlenswert. Die Technik ist immens zeitaufwendig und damit schlichtweg zu teuer.

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Ist der Kartenhalter fertig, hält man ein kleines, praktisches Endprodukt in Händen, das so gar nicht mehr an Lederabfälle erinnert.
Mit Zeit und etwas Gefühl für das Material Leder können wunderschöne Dinge selbst aus dem kleinsten Reststück entstehen. Auch hier steckt Arbeit im Produkt, auch wenn man das nicht sofort sieht. Das Zuschneiden der Reste, das Verkleben, die Kombination der unterschiedlichen Farben, auch das Mischen der passenden Kantenfarbe braucht Zeit – wie für eine Lederhandtasche oder einen Rucksack auch. Dabei wird mit einem Restmaterial gearbeitet, das durch wenige Arbeitsschritte aufgewertet und in ein absolut überzeugendes Endprodukt umgewandelt werden kann. Mit Sicherheit ist dieses Endergebnis spektakulärer, als die Reststücke bloß im Abfall zu entsorgen.

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